Vom Grow Out zum Make Up:
Jochen Schambeck
Bisher ließ der in Karlsruhe lebende Maler Jochen Schambeck
seine Blumenbilder buchstäblich wachsen. Farbe wurde direkt
aus der Tube zu üppig-fetten Kunstblumen modelliert. Jetzt
dreht er die Methode um. Schichtweise wird - ähnlich wie beim
action painting bzw. spontanen "dripping" von Jackson
Pollock - Farbe auf Bauschaumklumpen regelrecht geworfen. Alles
darf fließen. Die Sinne - in unserer neuen, globalen Kultur
als Träger der Erfahrung tendenziell ausgeschaltet - dürfen
sich vor Schambecks vulkanisch-dynamischer Farbmaterie an Rauschzustände
und barocke Feste erinnern. Im Grunde widerspricht diese Malerei
dem Lebensgefühl vieler Menschen heutzutage.
Franz Littmann, klappeauf 11.2003
Im Rausch der Wellen
Arbeiten von Jochen Schambeck bei Margit Haupt
Es sind keine Bilder im herkömmlichen Sinn, die Jochen Schambeck
malt. Und auch der Begriff malen trifft kaum zu, denkt man dabei
an Stift und Pinsel. Schambecks Werkzeuge sind seine Hände.
Hemmungslos und verschwenderisch greift er damit in die Ölfarbe
und packt sie in dicken Portionen übereinander. Schichtet und
formt, wölbt und stülpt, bis die knalligbunte Ölmasse
üppige, florale Formen bildet und dreidimensional dem Betrachter
entgegenwächst, dass der fast schon meint den Blumenduft zu
riechen. Dabei stehen aber nicht die Blumen und deren "ölige"
Darstellung im Mittelpunkt. Dem Künstler geht es vielmehr ums
Machen, und vor allem um "das Gefühl beim Machen."
Und Gefühle spielen in allen seinen Arbeiten die zentrale Rolle.
Ob er berstende oder sinkende Schiffe unter einer dicken Ölschicht
begräbt, Blumen modelliert oder gigantische Wellen auftürmt,
immer sind die Bilder und auch die Titel metaphorisch gemeint und
drücken einen Gefühlszustand aus. "Surge Up"
(wogen, branden, aufwallen) heißt etwa die Serie mit den großen
Wellen, die bedrohlich vor dem Betrachter aufragen und ihn gleich
zu verschlingen drohen. Aber es ist nicht die Katastrophe, die Schambeck
darstellen will, sondern ein Gefühl aufwallender Freude oder
Leidenschaft. Etwas, das hoch kommt und vom Menschen Besitz ergreift.
Oder die Serie mit den havarierten Tankern, die er "Well-Oiled"
nennt, was soviel heißt, wie "gut geölt", jedoch
auch "gut getankt", "betrunken" und "abgefüllt".
Es ist aber nicht primär die erschreckende Umweltkatastrophe,
die er abbilden will. Schambeck drückt damit einen Rauschzustand
aus und zeigt seinen maßlos ausschweifenden Umgang mit der
Ölfarbe.
Gut 20 Liter braucht er für seine Bilder im normalen Format,
und wäre er nicht inzwischen auf die Idee mit dem Montageschaum
gekommen, könnte er nur selten ausstellen. "Zwei Jahre
dauert es ungefähr, bis solche Ölmassen durchgetrocknet
sind und vor allem musste ich die Bilder liegend aufbewahren."
Also auch noch ein gravierendes Platzproblem. Da bedient er sich
doch lieber des kleinen Kunstgriffes, modelliert mit Schaum vor
und häuft erst dann die Ölfarbe darauf. Außerdem
sind die Arbeiten nicht so schwer und die bombastischen Wellen können
immer größer und raumgreifender gestaltet werden: "Ich
kann die Höhe noch steigern, es bis auf die Spitze teiben."
suma BNN, 22./23.11.03 |
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